Diagnosen wie Burnout, ein schwaches Immunsystem oder Ängste werden heutzutage als gegeben hingenommen und überraschen kaum noch jemanden. Keine Zeit zum Kochen oder um gemeinsam mit den Kindern einen Tag zu verbringen oder gar ein Buch am Nachmittag zu lesen – alles Dinge, die man in „Zeitfenster“ versucht, dazwischen zu schieben. Neben Geld- beklagen viele einen Zeitmangel: Ist demnach Zeit als neue Währung zu berücksichtigen?

Zeit als neue Währung?

Gemäß Bronnie Ware, die acht Jahre als Pallitativkrankenschwester gearbeitet und am Bett vieler Sterbender gesessen hat, ist der beklagte Zeitmangel ein nicht unwesentlicher Bestandteil der Gespräche am Totenbett (Ware, 2013). Viele Sterbende bereuen in ihren letzten Worten zu viel Zeit der Arbeit gewidmet zu haben. Demgegenüber blieb weniger Zeit für die Familie und die Kinder.

Überforderung steigt

In der Natur der Sache liegt, dass viele Sterbende, mit denen Bonnie Ware gesprochen hat, älteren Generationen angehörten. Was werden unsere und nachfolgende Generationen auf dem Totenbett beklagen? Stress und Überforderung nehmen zu. Wir versuchen uns den Alltag in Zeitfenster einzuteilen, um ja allen Anforderungen gerecht zu werden.
Haben Erwachsene neben Beruf und Alltagsbewältigung kaum noch Freizeit, trifft es heutzutage auch die Kinder. Viele Unterrichtsstunden und nachmittägliche Hausaufgaben, womöglich noch Nachhilfe, sorgen dafür, dass viele Heranwachsende einen mehr als Acht-Stunden-Arbeitstag zu bewältigen haben. Wohin soll das führen?

Zeit als hohes Gut

orange Uhr mit Ziffern und Zeigern

Zeit als neue Währung, denn für den Planeten scheint es „fünf vor Zwölf“ zu sein © DeLerkim under cc

Zeit ist das neue Gut. Eine Lösung aus dem Teufelskreis könnten derzeitige wirtschaftspolitische Entwicklungen sein. Da durch die Industrialisierung 4.0, also durch Roboter, Allgorithmen und Co., ein Großteil der Arbeitsplätze im niedrigen und mittleren Lohnsektor wegfallen könnten, erwägen einige Länder wie zum Beispiel Indien, Kenia und Finnland die Testung eines Bedingungslosen Grundeinkommens. Die Idee dahinter meint, dass alle Einwohner eines Landes Geld erhalten, um abgesichert zu sein, unabhängig davon, ob sie arbeiten oder nicht. Würde uns dieses Modell mehr Zeit verschaffen?

Bedingungsloses Grundeinkommen für mehr Zeit?

Zumindest würde uns das Bedingungslose Grundeinkommen Zeit für eine Neuorientierung im industriellen Wandel bieten. Zudem würde es sicherstellen, dass ausreichend Konsumenten vorhanden wären, um das kapitalistische Wirtschaftsmodell zu erhalten. Bei hoher Arbeitslosigkeit wäre das nicht der Fall. In seiner Rede vor Harvard-Absolventen spricht sich selbst Facebook-Chef Mark Zuckerberg für die Idee eines Gehaltes für alle aus (Weller, 2017). Alle Menschen sollten davon profitieren, was Generationen vor uns erschaffen haben. Aber das BGE könnte für den einzelnen noch vieles mehr bedeuten:

Die Kreativität der Menschen würde wieder angekurbelt. Neue Ideen könnten entstehen, für ein besseres soziales und umweltpolitisches Miteinander. Denn wer fährt heutzutage schon mit dem Rad, um die Umwelt zu schützen, wenn es mit dem Auto schneller geht? Wer wäscht seinen Mülleimer aus, weil er der Umwelt zuliebe die Tüten sparen möchte? Wer würde seine Kinder verkürzt in den Kindergarten bringen oder sich um seine Eltern kümmern, wenn dafür ein Teil des Gehaltes wegfiele? Uns allen sind diese Problematiken bewusst, dennoch haben wir weder Zeit noch Muße, uns mit diesen Thematiken auseinanderzusetzen.

Neben sozialer Absicherung ist Zeit das, was zählt – Zeit als neue Währung, um sich endlich mehr um die wirklich wichtigen Dinge auf diesem Planeten kümmern zu können.

Quellen