Eruption des Ätna bei Nacht

Naturgewalten haben oft auch eine wunderschöne Seite. Roberto Zingales under cc

Die Lust am Untergang, das Interesse am Morbiden, an der Katastrophe und eine Faszination am Bösen ist vermutlich in uns allen vorhanden. Das Gute wirkt oft ein wenig langweilig auf uns, zu glatt, zu bieder, ein Held muss wenigstens biographische Brüche haben. Kein Detektiv im Krimi mehr, der nicht mindestens Alkoholprobleme hat, gerne in Kombination mit Beziehungssorgen und Depressionen. Mögen wir sie, weil sie uns so ähnlich sind, oder weil es sie noch härter getroffen hat als uns? Man weiß es nicht, aber der abgefuckte Dortmunder Tatort Kommissar hat seinen eigenen Reiz, ihm scheint alles egal zu sein, weil er alles verloren hat, was ihm lieb und teuer war, die merkwürdige Freiheit dessen, der nichts mehr vom Leben erwartet. Wir ahnen, dass ist nicht alles, nicht das Ende der Geschichte aber dennoch ist dieser Aspekt der Rolle stark.

Einige kennen noch die Geschichte von Christiane F., aus dem nachher verfilmten Buch, „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“. Die Geschichte eines Mädchens, was in jungen Jahren in Berlin immer tiefer in die Heroinsucht rutschte, eine eigene Welt, in der irgendwann nur noch der nächste Schuss zählte, in der die Kinder sich prostituierten, solche Darstellungen sind ein typischer Stoff für Schulklassen, weil die Moral von der Geschicht‘ stets irgendwie durchschimmert, dass nämlich das Abweichen vom rechten Weg sich nicht lohnt. Weil mich diese abseitige Welt eher faszinierte, als abstieß, habe ich andere gefragt, wie es ihnen ging und die weit überwiegende Antwort war, dass auch sie eher fasziniert waren.

Der Reiz der Desperados

Eine Welt, die ganz anderen Regeln folgt, als unsere Alltagswelt ist immer reizvoll, jedenfalls dann, wenn man den Alltag anstrengend findet und dieses Hamsterradgefühl hat oder auch einfach mit den Verlockungen der Normalität nicht viel anfangen kann. Ausbruchsversuche gibt es viele, die Hoffnung auf den Lottogewinn, dass man am liebsten in eine Ökokommune ziehen würde, dass man sich den Gang ins Kloster vorstellen könnte, gerne Prinzessin, Promi oder Model wäre, lieber wie im Mittelalter leben würde oder sich wenigstens selbstständig macht. Vielleicht eine Doppelidentität lebt, als Geheimagent, Whistleblower, Zocker, oder einfach nur in der Welt der sexuellen Affären?

Das Spiel mit den Gesetzen und der Gefahr ist für viele verlockend, oft vielleicht nur einen Gedankenausflug wert, ein bisschen sortieren Krimis ja auch unsere Welt, die uns auf spielerische Weise immer wieder mit dem Bösen und Grenzübertretungen in Kontakt bringen. Die Welt der Motorrad- oder Rockergangs, der Cage Fights und Kampfsportler, Kraftsportler und Hooligans, der Prepper, sie hat für manche ihren Reiz, zum einen wegen der Freiheit, die sich diese Menschen einfach nehmen, aber auch wegen des Mutes, der dazu gehört. Längst hat sich herum gesprochen, dass man diese Menschen nicht darauf reduzieren kann, grölende Idioten zu sein, die es irgendwie zu nichts gebracht haben, man findet vermutlich in allen Schichten der Gesellschaft und man weiß nicht mehr so recht, ob nicht auch die Menschen, die die Welt regieren oft nur Zocker sind. Ist alles nur ein Spiel? Hopp oder topp?

Neben der physischen Überlegenheit, scheint eine gewisse Intelligenz etwas zu sein, was viele anmacht. Der Kaufhaus-Erpresser Dagobert soll eine Vielzahl von Heiratsangeboten gehabt haben und auch heute noch sehen viele seine Verbrechen eher augenzwinkernd, wohl auch, weil er den Staat so medienwirksam an der Nase herumführen konnte.[1] Für Gentleman Räuber haben viele etwas übrig, auch für die Robin Hoods dieser Welt, denen man manchmal einen tieferen Gerechtigkeitssinn zuschreibt, als denen, die dem Buchstaben nach die Gesetze erfüllen, manchmal geht das in einen eigenen pathologischen Zustand über, wie beim Michael-Kohlhaas-Syndrom.

Wahre Liebe und Erlösungsphantasien

Nebel im Herbstwald

Der Weg ins Unscharfe und Verborgene ist gleichzeitig angsterfüllend und faszinierend. © David Lienhard under cc

Aber es wäre zu einfach bis billig den Spieß nur umzudrehen und zu sagen, dass die Bösen die eigentlich Guten seien. Der Reiz des Verbotenen, verbunden mit der Lust am Untergang, mit der man alles aufs Spiel setzt, ist auch hinter manchen Verhaltensweisen zu finden, in denen jemand in einer Beziehung immer wieder mit einer runiösen Verhaltensweise auf- und rückfällig wird, verbunden mit der Idee, dass wahre Liebe bedeutet, der oder die anderen müsse alles verzeihen und mit der lustvollen Spannung, ob dieser oder jener Fehltritt erneut verziehen wird. Die Provokation kann das Ende der Beziehung bedeuten, oder ein erlösendes Verzeihen, was fast eine religiöse Komponente hat. Man spielt mit dem Feuer, um diese Erlösung zu erfahren, ist sich aber nie ganz sicher, ob sie auch gewährt wird und legt sein Schicksal und das der Beziehung ganz in die Hände eines anderen Menschen.

Was all die Tänzer an den Rändern der Gesellschaft zu verbinden scheint, ist, dass ihnen – aus welchem Grund auch immer – der Reiz des Normalen, eine bürgerliche Existenz und ihre Verlockungen nicht attraktiv erscheint. Vielleicht, weil die ‚Normalen‘ sie nicht akzeptieren, weil sie die Standards der heutigen Welt nicht erfüllen können, vielleicht aber auch, weil sie sie übererfüllen und langweilig finden oder gar nicht erfüllen wollen.

Zu unserer Welterzählung gehört immer auch die Gewissheit, dass unsere Art zu leben gut und richtig ist. Dieser Überzeugung ist man vor allem dann, wenn man sich entspannt zurücklehnen kann und sich sicher ist, dass unsere Art zu leben allen anderen bei weitem überlegen ist. Angesichts eines dramatischen Gesichtsverlustes klassischer Instanzen, seien sie moralischer Art oder einfach aus der Gewissheit gespeist, dass man in einem Land wohnt, das weltweit führend ist, bekommen Alternativerzählungen und -lebensformen neue Kraft.

Subkulturell sind bestimmten Verhaltensweisen längst anerkannt. Der Konsum von Pornos und Drogen gilt als mehr oder weniger normal, Swingerszenen, SM-Clubs, Satanismus, politischer und religiöser Extremismus sind andere Formen in denen Erzählungen kursieren, die besagen, dass die Normalität selbst ziemlich krank ist. Viele kleine Umkehrerzählungen, die neue Großerzählung, die die Mehrheit der Splittergrüppchen begeistert und mitreißt, ist noch nicht gefunden.

Auch hat nicht jeder den Wunsch, sich einer Gruppierung anzuschließen, einige leben ganz auf eigene Rechnung. Manche sind Psychopathen, die uns heute ebenfalls stark faszinieren, andere sind Exzentriker. Beide leben ein Stück weit in ihrer eigenen Welt und interessieren sich nicht groß für die Meinung anderer und auch nicht für den Erhalt der Welt, der Menschheit, der Umwelt oder der Demokratie. Psychopathen sind dadurch definiert, dass sie in radikaler Weise nur an sich denken und sich dafür anderer bedienen, Exzentriker sind friedlicher, sie möchten einfach in Ruhe in ihrer Welt, ihrer Nische leben.

Doch es wäre zu einfach, alles Abweichende in die Ecke des Skurrilen oder Pathologischen zu stellen und die Lust am Untergang, muss sich nicht primär auf die Handlungen von Menschen beziehen.

Ästhetik und die Blumen des Bösen

Das Böse, Zerstörerische und Schreckliche ist nicht nur zuweilen hintergründig, stark, intelligent und dadurch sexy, es hat oft auch seinen ästhetischen Reiz. Naturkatastrophen sind schrecklich, aber der Ausbruch eines Vulkans ist auch von einer bizarren Schönheit geprägt. Die Supernova im All bewundern wir, die ebenfalls nichts weiter als eine gewaltige Explosion ist, gegen die alle Gewalten der Erde verblassen. Gleiches gilt für Tornados, Erdbeben und Tsunamis. Wir sehen die Folgen und das Leid, das mitunter herzzerreißend ist, das andere ist, die Faszination der Bilder, einer Urgewalt der Natur, die in uns eine Mischung aus Ehrfurcht und Entsetzen auslösen kann. Lavaströme oder Blitze. Wo sie auf Lebewesen treffen werden sie zum Horror.

Auch die Urgewalt der Tiere, die um Leben und Tod miteinander kämpfen hat etwas Erschreckendes und in all der Wucht einen ästhetischen Reiz, den wir vermutlich auch suchen, wenn wir zu einer Form der Urspünglichkeit zurück wollen, in der alles auf der einen Seite nicht so kompliziert war, aber immer wieder auch die Verknüpfung des Primitiven und Schönen kennt. Und vergessen wir nicht, dass wir, gemäß unserer naturalistischen Leiterzählung, Kinder einer gewaltigen Explosion sind, die Urknall genannt wird. Da war am Anfang nicht das Wort, sondern ein noch immer nicht verstandender Impuls.

„Die Blumen des Bösen“ sind das Werk des Französischen Dichters Charles Baudelaire, über den der Blogger Rotherbaron einen großartigen Beitrag geschrieben hat. Er beginnt mit den Zeilen:

„Der am 9. April 1821 geborene Charles Baudelaire gilt durch die neuartigen Sujets und Darstellungsmittel, die er in die Dichtung eingebracht hat, als einer der Wegbereiter der modernen Lyrik. Daneben erscheint er aufgrund seines Hangs zu Weltuntergangsstimmungen und der Einbeziehung der dunklen Seiten des menschlichen Lebens in seine Dichtung auch als Vorläufer der späteren Décadence-Literatur.“[2]

Die andere Seite des Lebens, die Unterwelt, die Huren, die Hafenkneipen, aber immer auch die unendlichen Sehnsucht besingt auch der Fado, sie alle eint die Ästhetik der Melancholie, die verborgene Schönheit des Scheiterns, der Klage, des Wehmuts. Von dem oder der Geliebten, der Welt und allen guten Geistern verlassen, bleibt da nur noch das große melancholische Gefühl und das Leben, in seiner Reinheit, Rohheit und der Abfolge von zu füllenden Momenten, wenn der große Plan ohnehin keine Option mehr ist. Die große Gegenwart der Trinker und all jener Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben und genau darum frei sind.

Der merkwürdige Reiz des Sinnlosen

Herbstpilze

Das Dunkle, Modrige hat seine eigenen Gesetze und Gewächse. © Matthias Ripp under cc

Gewissen Völkern und Zeiten wird ein Hang zum Schwermut nachgesagt. Manchen kommt das fremd vor, aber was finden wir eigentlich wenn wir ein wenig unter die Oberfläche unserer Ordnung schauen? Denn Ordnung, irgendeine Ordnung, oft um ihrer selbst Willen, ist die Verheißung unserer Zeit. Dass es irgendwie, ohne zu große Veränderung so weiter läuft, wie man es kannte. Aber was ist eigentlich die Metaerzählung dieser Lesart?

Die Lust am Untergang finden wir hier durchaus, in versteckter Form, nicht nur, dass wir Kinder des großen Urknalls sind, gehört dazu. Die Kernkompetenz des aufgeklärten Menschen scheint zu einem gewissen Teil darin zu bestehen, die Sinnlosigkeit des Welt erkennen und ertragen zu können. Nichts hat einen tieferen Sinn, es gibt kein Ziel, ein Happy End ist nicht vorgesehen, das schlimme Ende, derzeit vermutlich der Kältetod, ist immer nur aufgeschoben, aber unausweichlich.

Viele Erzählungen des Alltags kommen sehr technokratisch daher, man hat ein nützlicher Teil der Menschheit zu sein, ansonsten sollen wir aber dem Spiel der Hormone, Produktionsbedingungen und politischen Führer ausgeliefert sein. Was bleibt, sind kurze Momente der Ekstase, wenn man sie sich gönnt, ein Abgleiten in diese oder jene Form der Dekadenz, verbissen wird an der Idee eines entqualifizierten Universums festgehalten, einer großen Wüste, einer Wanderung die kein Ankommen kennt, alles ist nur kurzfristig und vorläufig … aber wozu sollen wir dann ein braves Rädchen im System sein?

Damit es uns allen besser geht, ist die Antwort, die gerade verglimmt, wie eine soeben erloschene Kerzenflamme.

Folgen, um zu folgen, ohne zu wissen, wohin die Reise geht, das ist eine (Un)Tugend, die den Deutschen oft nachgesagt wird, aber offensichtlich stimmt das nur bedingt, eben noch war man der Meinung, dass Demokratie und Marktwirtschaft nicht mehr aufzuhalten seien, schon ist man sich nicht mehr sicher, ob die Demokratie überhaupt Zukunft hat.

Der libanesisch-amerikanische Dichter Khalil Gibran, der die sufistische Weisheitstradition und das Christentum mit der westlichen Philosophie verbindet, schreibt in seinem bekannten 1923 erschienen Buch „Der Prophet“:

„Dann sagte ein Rechtsgelehrter: Aber wie ist es mit unseren Gesetzen, Meister?
Und er antwortete: Es freut euch Gesetze zu erlassen, doch mehr freut es euch, sie zu brechen. Wie Kinder, die am Meer spielen und mit Ausdauer Sandburgen bauen, um sie dann lachend zu zerstören.“[3]

Schon die Kinder haben Spaß am Aufbauen und Einreißen. Der eine oder die andere wird sich an die eigene Kindheit erinnern. Es war schön, einen Turm zu bauen und immer auch eine Lust ihn einstürzen zu lassen. Die Kinder tun es noch mit Freude, später fürchten sich viele davor, alles einstürzen zu lassen. Weil sie wissen, dass man die Türme und Burgen jederzeit neu errichten kann, in die wir lieber einziehen wollen? Oder weil das Zerstören ein eigener lustvoller Akt ist?

Herbst und der Reiz der Melancholie

Mit dem Erreichen des Höhepunkts beginnt der Niedergang, so jedenfalls wird die Welt aus einer zyklischen Weltsicht gedeutet. Ein ewiger Kreislauf, aus Werden und Vergehen und erneutem Werden. Kann man daraus etwas für unser Leben ableiten? Unser Welterleben ist auf einen Fortschritt gerichtet, ist linear. Es geht weiter und immer weiter, aber die Erfahrung des Zyklischen ist uns dennoch nicht fremd, wir erleben sie in den Jahreszeiten.

Und wir sehen Analogien zu unserem Leben. Wir setzen den Frühling mit der Geburt und dem Wachsen gleich, im Sommer ist der strahlende Höhepunkt erreicht, der Herbst hat dann zwei Gesichter: Es ist die Zeit der Ernte und zugleich scheint der Höhepunkt der äußeren Entfaltung überschritten. Was nun stattfindet hat morbide Beimischung, ist bereits ein Absterben, aber auch veredeln. Pilze tauchen auf, es geht um Gärungs- und Fäulnissprozesse, die ihren eigenen Reiz haben und ganz neue Richtungen erschließen, für alle Sinne, wenn wir an die Farbenpracht des sich verändernden Waldes denken, seine würzigen Gerüche und den Nebel, in dem wieder diese beiden Komponenten des Zauberhaften und Besorgniserregenden liegen. Der Nebel lässt Konturen verschwimmen, die sonst so klare Welt ist zu einer von Ahnungen und Andeutungen geworden und zu einer, in der man leiser und vorsichtiger wird. Analog der Dämmerung, wenn wir den Zyklus auf Tag und Nacht verkleinern. Zugleich ist der Herbst die Vorbereitung auf den Sterbeprozess, wenigstens in der kreisförmigen Weltsicht.

In unserem Leben ist der Herbst ebenfalls die Zeit der Ernte und des Endes der Expansion. Nicht von jetzt auf gleich, aber es wird allmählich klar, dass die Zeit der Umkehr angebrochen ist. Eine Phase, die man oft versucht zu überschminken und hinaus zu zögern, gerade in einer Zeit und Gesellschaft, in der die Menschen immer älter werden, aber jünger scheinen wollen. Doch auch die oft mit dem Abschied verbundene Melancholie, der Schwermut, hat seinen eigenen Reiz, der gerade in der Verbindung, Beimengung bis hin zur Fokussierung auf das Morbide, Dunkle, Weltabgewandte liegt, in den Kräften der Finsternis und der Zerstörung.

Wir haben durchaus einen Sinn für das was sich gleichzeitig weiterentwickelt und in seiner bisherigen Form verändert und verendet. Denken wir an die Geschmackswelt, in der wir bestimmte Pilze (Trüffel) und Reifegrade von Gargetränken oder Milchprodukten hoch schätzen. Manche haben auch eine Abneigung gegen das Oberflächliche, dass uns überall begegnen kann. Alles was sehr eindeutig ist fällt darunter, ob bei Bildern, Geschmäckern oder Musik, dort bekommt man das süßliche und Kitschige präsentiert. Der Schlager, der breite, schwere, warme, aber irgendwie auch samtige Rotwein, das Bild von dem man sagt: „Wieso, ist doch schön?“, der Geschmack der irgendwie immer „lecker“ ist.

Für einige ist es genau das, was sie wollen, für andere beginnt es erst dahinter interessant zu werden. Für eine psychologische Betrachtung ist es interessant, zu fragen, inwieweit die unausgesetzte Konfrontation mit Kitsch, Klischee und hübschen Oberflächen auf die Menschen abfärbt. Aber das Reich des Hintergründigen und Untergründigen scheint seine eigenen Regeln und Gesetze zu haben. Dem, was die Gärung ausmacht, diese Mischung aus Wärme und Kälte, Trockenem und Feuchtem, Geistigem und Körperlich-Emotionalen muss man sich wirklich hingeben, man muss sich auf den Prozess der Metamorphose einlassen, man kann ihn nicht mit Abstand verstehen, sonst bleibt man an der Oberfläche, schwimmt auf einem Boot und redet von den Tiefen des Ozeans. Betrachtet man den Nutzen von etwas, was es bringt und was man wohl davon hat, erlebt es aber nie, ist man nur ein trüber Gast, auf der dunklen Erde.

Shivastatue

In vielen Kulturen spielen die Götter der Zerstörung eine bedeutende Rolle und werden verehrt. Jarmo Tuisk under cc

Die Ästehtik des Morbiden und die Lust am Untergang ist eine eigene Welt, hat man sie einmal betreten, zieht die einen in den Bann. Die Welt von Baudelaire, Trakl und Benn, der Tragödien. Anderen Kulturen ist der Sinn der Zerstörung und der Metamorphose durchaus klar, man denke an Shiva, aber auch in den Wurzeln unserer Kultur finden wir Hades, Pluton und den Teufel, den Geist der stets verneint und alles zugrunde gehen lässt.

Vielleicht ist es zu billig, verlockend und selbst zu oberflächlich die selbstgefällige Deutungshoheit unserer Zeit, die allen anderen Interpreten unter die Nase reibt, dass sie primitiv seien, damit zu parieren, dass die Alldominanz dieser Weltsicht sich vielleicht gerade zu Tode siegt. Die Deutung, dass ein Pol seinen Gegenpol bedingt, ist herausfordernd einfach, aber man kann sich vorstellen, dass der Mephisto sich in einem schweren Sessel zurück lehnt, das Gesicht halb um Schatten, beschienen von dem schwarzroten Licht der langsam erkaltenden Reste einer noch immer wärmenden Glut, mit einem Glas alten Weins in der Hand, dessen Fruchtnoten sich langsam zurückziehen um würzigen, erdigen Noten, nach Holz, Leber, Tabak oder Pilzen Platz zu machen. Sein Mund könnte ein leises Lächeln umspielen, man weiß nicht, ob es Wissen, Überlegenheit oder Mitleid ausdrückt.

Charles Baudelaire drückt die Lust am Untergang in seinem Ruf nach Erbarmen in seiner tiefen Not so aus: Die Litanei des Satans

Quellen