Ein erlebtes Trauma ist für die Betroffenen in der Regel mit hohen emotionalen Belastungen verbunden. Opfer gewalttätiger Überfälle, Vergewaltigungen oder schwerer Unfälle empfinden meist starke Ängste. Die EMDR-Methode hilft dabei, die mit dem Trauma verknüpfte Angst zu reduzieren.

Wie äußert sich eine Posttraumatische Belastungsstörung?

Traumatisches Erlebnis Verkehrsunfall

Traumatisches Erlebnis Verkehrsunfall © Jason Burwen under cc

Ein Trauma durchlebt zu haben bedeutet sich hilflos und als Opfer einer überwältigenden Macht gefühlt zu haben. Diese Macht kann sowohl ein anderer Mensch sein, der Gewalt ausübt, als auch eine Naturgewalt, die starke Zerstörungen anrichtet. In der Regel hinterlassen solche Erfahrungen Gefühle der Angst und Ohnmächtigkeit (Herman, 2006).

Ein erlebtes und unverarbeitetes Trauma führt häufig zu Schlafstörungen, Albträumen, erhöhter Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und somatoformen Störungen (Dilling et al., 2006; Saß et al., 2003; Wittchen & Hoyer, 2006).

Was passiert nach einem erlebten Trauma?

Nach Aussage des Kognitiven Modells der Chronischen Posttraumatischen Belastungsstörung nach Ehlers und Clark (2000) lösen Erinnerungen an das traumatische Ereignis ein Bedrohungsgefühl aus. Die Betroffenen unternehmen daher verschiedene Schritte, um ein erneutes Trauma zu vermeiden.

Aktives Vermeidungsverhalten

Ein möglicher Schritt liegt im aktiven Vermeidungsverhalten. Menschen gehen hierbei gewissen Situationen oder Aktivitäten, die dem Trauma ähneln, aus dem Weg. Hierunter fallen auch die Dinge, die Betroffenen früher Freude bereitet haben und jetzt als angstbesetzt wahrgenommen werden (Saß et al, 2003). Jemand der sich früher gerne in Einkaufszentren aufhielt, würde diese Besuche auf das Nötigste reduzieren, wenn er in einem der Geschäfte Opfer eines Raubüberfalls wurde.

Sicherheitsverhalten

Eine weitere Strategie zur Vermeidung weiterer Risiken besteht in extremen Sicherheitsverhalten. Beispielsweise geht die Person bei Dunkelheit nur noch in Begleitung einer Vertrauensperson aus dem Haus, um sich vor gewaltsamen oder sexuellen Angriffen zu schützen.

Kognitive Verdrängung

Des Weiteren tritt häufig eine kognitive Verdrängung ein. Dies kann als der Versuch verstanden werden, die Gedanken an das erlebte Trauma zu vermeiden.

Trauma bleibt im Gedächtnis

Aktives Vermeidungs- sowie extremes Sicherheitsverhalten wirken sich nur kurzfristig angst- und bedrohungsreduzierend aus. Auf Dauer verstärkt sie die Angst noch zusätzlich, da die negativen Interpretationen gewisser Sachverhalte nicht verändert werden.

Durch die Verdrängungsbemühungen sind die Emotionen meist sehr eingeschränkt. Dies äußert sich in Form von Teilnahmslosigkeit und Depression (Wittchen & Hoyer, 2006).

Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) Therapie

Die Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) Therapie, also Desensibilisierung und Wiederverarbeitung durch Augenbewegungen, erleichtert es den Betroffenen sich mit ihrem Trauma auseinanderzusetzen.

Im Rahmen der EMDR wird der Patient dazu angehalten, die traumatische Situation mit allen Sinnen zu erinnern. Währenddessen bewegt der Therapeut seine Hand horizontal vor den Augen des Patienten und fordert diesen auf, seinen Handbewegungen mit den Augen zu folgen.

In Studien (Carlson et al., 1998; Wilson, Becker & Tinker, 1997) konnte nachgewiesen werden, dass die Augenbewegungen eine körperliche Entspannung hervorrufen. Dies zeigt sich beispielsweise dadurch, dass die Aktivität des Parasympathikus, also der Aufbau körpereigener Energiereserven, ansteigt, während die Herzfrequenz absinkt. Die Kopplung der Erinnerungen an das Trauma mit körperlicher Entspannung sorgt dafür, dass die Erlebnisse weniger angstbesetzt wahrgenommen werden. Dies kann als ein erster wichtiger Schritt in Richtung Verarbeitung angesehen werden.

Allerdings kann das EMDR-Verfahren eine Psychotherapie nicht ersetzen. Sie hilft aber dabei, sich den negativen Erlebnissen zu stellen und sie anschließend im Rahmen einer therapeutischen Behandlung aufzuarbeiten.

Quellenangaben

  • Carlson, J.G., Chemtob, C.M., Rusnak, K., Hedlund, N.L. & Muraoka, M.Y. (1998). Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EDMR) treatment for combat-related posttraumatic stress disorder. Journal of Traumatic Stress, 11, 3-24.
  • Dilling, H., Mombour, W., Schmidt, M.H. & Schulte-Markwort, E. (2006). Internationale Klassifikation psychischer Störungen ICD-10 Kapitel V (F). Klinisch-diagnostische Leitlinien. Bern: Huber.
  • Ehlers, A. & Clark, D.M. (2000). A cognitive model of posttraumatic stress disorder. Behaviour Research and Therapy, 38, 319-345.
  • Herman, J. (2006). Die Narben der Gewalt. Traumatische Erfahrungen verstehen und überwinden (2., durchges. Aufl.). München: Junfermann.
  • Saß, H., Wittchen, H.-U., Zaudig, M. & Houben, I. (2003). Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen – DSM-IV-TR (4., durchges. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.
  • Wilson, S.A., Becker, L.A. & Tinker, R.H. (1997). Fifteen-month follow-up of Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) treatment for posttraumatic stress disorder and psychological trauma. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 65, 1.047-1.056.
  • Wittchen, H.-U. & Hoyer, J. (2006). Klinische Psychologie & Psychotherapie. Heidelberg: Springer Medizin Verlag.