Langeweile und Kontrolle

Spaziergänger am Ende eines Tunnels, schwarzweiß

Die Partnerschaft mit einem Narzissten kann zu einem einsamen Gang werden. © Tansformer18 under cc

Langeweile ist ein weiteres typisches Element des Narzissmus in der Liebe. Sie kommt durch die egozentrierte Unfähigkeit zustande, sich wirklich für den anderen zu interessieren und auf seine Bedürfnisse und Eigenheiten einzugehen, was gerade in der Sexualität besonders wichtig ist. Das führt dazu, dass es immer seltener zu sexuellen Begegnungen kommt. Der Langeweile wird versucht durch Stellungswechsel zu begegnen, letztlich liegt das Heil aber nicht in der Technik, der Abwechslung oder aufgefallenen Rollenspielen, sondern in der für beide befriedigenden Fähigkeit mit dem anderen Sex zu haben.[3]

Des weiteren entsteht Langeweile, weil narzisstische Menschen oft ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Kontrolle haben und eine befriedigende Sexualität gerade auch davon lebt, die Kontrolle fallen zu lassen. Sie ist es auch, die Narzissten die Welt der anderen oft merkwürdig getrennt, wie durch eine Glasscheibe, auch wenn man mitten unter ihnen ist, erleben lässt. Sie sehen, wie andere sich der Welt tatsächlich hingeben können, doch da ihnen diese Eigenschaft oft fehlt, löst die Beobachtung Neid aus und führt kompensatorisch zu weiterer Entwertung der anderen.

Onanie

Das nächste Element der narzisstischen Sexualität ist die Onanie. Die für Narzissten oft befriedigendste Form der Sexualität. Gottfried Benn, der selbst starke narzisstische Anteile in der Persönlichkeit hatte, für zahlreiche Affären bekannt und ein feiner Beobachter war, sah selbst den Geschlechtsverkehr als eine Variante der Onanie an. Gunnar Decker geht in seiner lesenswerten Benn Biographie darauf ein, dass die Onanie, die Form der Sexualität ist, die von Narzissten oft bevorzugt wird.[4] Hier haben sie die maximale Kontrolle. Auch Psychoanalytiker sind sich weitgehend einig darüber, dass zumindest die Zeit unmittelbar nach dem Geschlechtsverkehr eine Zeit des Alleinseins ist. Jeder ist für sich und zufrieden damit.[5]

Aber war man vorher zusammen, kann man je mit anderen zusammen sein? Es ist mehr als man anfangs meint eine Frage der Perspektive und bedeutende Theoretiker der Soziologie, Philosophie und Psychologie sind der Meinung, dass wir immer allein sind und die anderen eigentlich nur durch den Filter unseres Ichs, unserer Projektionen zu uns durchdringen, während andere, nicht minder begabte Theoretiker, uns als Beziehungswesen durch und durch betrachten. Man kann wohl beide Auffassungen vertreten (und durchaus zu einem guten Teil mischen) letzten Endes ist es wohl entscheidender, wie man sich fühlt: Prinzipiell allein in der Welt oder mit anderen verbunden und ob man das als befriedigend oder leidvoll erlebt.

Aggressionen in der Sexualität

Ein letzter, wichtiger Punkt. Gerade die fortgeschrittene narzisstische Persönlichkeitsstörung bringt oft eine aggressive und sadistische Komponente in die Sexualität ein. Wir sind in diesem und den in der Serie folgenden Artikeln bereits darauf eingegangen, so dass ich auf diesen link verweise.

Narzissmus in der Liebe: Was bedeutet das für Paare?

Die Liebe zu, unter und für Narzissten ist schwer und so gut wie immer konfliktbeladen. Doch jeder Narzisst ist auch ein kranker Mensch, der unsere Hilfe braucht. Vergessen wir das nicht, denn wenn es einfach nur darum geht, alles was uns nicht passt, was uns lästig und anstrengend erscheint, aus der Welt zu schaffen, zu ignorieren oder abzuwerten, bedienen wir genau den kalten und unempathischen Funktionalismus der heutzutage nicht selten eine gesellschaftliche Wurzel des Narzissmus darstellt, wir lassen narzisstische Ideale in unsere Welt eindringen und machen sie zum Teil unseres Weltbildes, eine Gefahr die glaube ich bereits Realität geworden ist.

Narzissmus in der Liebe ist schwierig und frustrierend, weil Narzissten egozentiert, unempathisch und oft entsetzlich undankbar sind. Aber Narzissmus ist heilbar, sogar in schweren Formen und mit fortschreitendem Lebensalter immer besser. Dass Narzissten wahrlich keine Großmeister darin sind, ihre Probleme im Umgang mit der Welt auf ihr Sosein zurückzuführen, ist wahr, umso mehr muss man ihnen mit Nachdruck und Empathie helfen und nicht nur in der Therapie ist Besserung oder Heilung möglich, eine Partnerschaft kann immer auch ein Ort des Wandels sein, dass man verschiedene Ansätze kombiniert ist lebensnah und sinnvoll.

Quellen: